zurück
Auszug aus dem CDU/CSU-Regierungsprogramm 2002/2006  

 

 

 

 

Arbeitsmarkt: Chancen fördern, Hemmnisse abbauen

 

Kanzler Schröder hat rund 6 Millionen Arbeitslose zu verantworten: 4 Millionen offiziell gezählte und rund 1,8 Millionen statistisch nicht erfasste Arbeitslose. Zudem suchen rund 1 Million Menschen eine Beschäftigung, ohne als arbeitslos registriert zu sein. Mindestens weitere 800.000 Menschen kommen trotz Arbeitsfähigkeit nicht aus der Sozialhilfe heraus.
 
Diese Bilanz ist katastrophal. Dabei scheiden jährlich rund 200.000 ältere Menschen mehr aus dem Arbeitsmarkt aus, als jüngere nachrücken. Die verfehlte Politik der Schröder-Regierung hat also die hohe Arbeitslosigkeit nicht bekämpft, sondern gefördert. Nur aus demografischen Gründen ist dies nicht deutlicher sichtbar geworden.


 

Fragwürdige Statistiken

 

Trotz kräftiger Wachstumsimpulse aus dem Ausland wurden zu wenig Arbeitsplätze in Deutschland geschaffen. Im Jahr 2001 lag Deutschland erstmals bei der Arbeitslosigkeit über dem Durchschnitt der Europäischen Union. Der angepriesene Anstieg der Beschäftigtenzahl in den Jahren seit 1999 hatte überwiegend statistische Gründe. Durch die Einbeziehung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse etwa wurde die Zahl der Beschäftigten zwar auf dem Papier erhöht, kein einziger Arbeitsloser hat durch die Rechtsänderung aber einen neuen Arbeitsplatz gefunden. Deutschland darf in Europa beim Kampf gegen die Arbeitslosigkeit nicht länger Nachzügler sein.
 
Unsere Leitsätze für mehr Beschäftigung lauten: Arbeitslose fördern und fordern - Arbeitsmarkt entriegeln - Arbeitnehmer und Unternehmen entlasten. Wir handeln in der Überzeugung, dass die Praxis der verwalteten Arbeitslosigkeit dringend beendet werden muss - zugunsten einer Politik des geförderten Wiedereinstiegs in den Arbeitsmarkt.


 

"Scheinselbstständigkeit"

 

Das Gesetz gegen die sogenannte "Scheinselbstständigkeit" werden wir aufheben, um die rot-grünen Überreglementierungen und bürokratischen Hemmnisse wieder zu beseitigen. Wir begrüßen jede Initiative der Bürger, die zu mehr Selbständigkeit führt. Deswegen muss dieser Weg erleichtert und nicht durch bürokratisches Misstrauen erschwert werden.
 
Wir wollen grundsätzlich mehr Beschäftigungsmöglichkeiten im gesamten Niedriglohnsektor schaffen, um den Menschen den oftmals nicht einfachen Weg aus Arbeitslosigkeit und Sozialhilfe zu erleichtern.


 

Schröder 630-DM-Bürokratiemonster

 

Schröders 630-DM-Bürokratiemonster hat zahlreiche Arbeitnehmer hart getroffen, geringfügige Beschäftigungsverhältnisse und insbesondere Nebenjobs in vielen Branchen vernichtet, mittelständische Wirtschaft und ehrenamtliches Engagement in den Vereinen und den Kirchen belastet und vor allem die Schwarzarbeit gefördert. Die geringfügig beschäftigten Arbeitnehmer brauchen eine Perspektive für weniger Bürokratie und höheren Nettoverdienst. Die rot-grüne 325-€-Regelung wird bei uns keinen Bestand haben. Wir werden stattdessen die 325-€-Grenze auf 400 € anheben, die Belastung mit Sozialversicherungsbeiträgen streichen und die geringfügige Beschäftigung einer pauschalen Steuerpflicht von 20% unterwerfen, die der Arbeitgeber einheitlich abzuführen hat. Die Beitragsausfälle der Sozialversicherungsträger werden durch Bundeszuschüsse ausgeglichen.


 

Drei-Säulen-Modell

 

Wir werden nach unserem "Drei-Säulen-Modell" mit abgesenkten Sozialversicherungsbeiträgen für Geringverdiener und "Kombilöhnen" abgestufte Anreize für eine Arbeitsaufnahme im Niedriglohnsektor setzen. Für Arbeitnehmer, die in einem Vollzeit- oder einem Teilzeitarbeitsverhältnis von mehr als 20 Wochenstunden zwischen 401 € und 800 € verdienen, werden deshalb die Sozialversicherungsbeiträge gesenkt. Dieses Angebot gilt nicht nur für Langzeitarbeitslose und Sozialhilfeempfänger, sondern für alle Bezieher von niedrigen Einkommen. So wird eine tragfähigere Brücke in die Beschäftigung gebaut als mit vielen der bisherigen Instrumente aktiver Arbeitsmarktpolitik. Arbeitslose, die eine Arbeit annehmen, deren Nettolohn bisher bezogene soziale Leistungen nicht erreicht, sollen als Anreiz zur Arbeitsaufnahme einen Aufstockungsbetrag erhalten.


 

Private Haushalte aktivieren

 

Hinzutreten muss die Aktivierung der privaten Haushalte als potentielle Arbeitgeber im Dienstleistungssektor. Viele Haushalte würden gerne Dienstleistungen rund um das tägliche Leben in Anspruch nehmen, werden aber von zu hohen Kosten und zu großem bürokratischen Aufwand abgeschreckt. Die bürokratischen Auflagen müssen für Privathaushalte durchgreifend vereinfacht werden.
 
Eine große Bedeutung kommt der stärkeren Beteiligung der Arbeitnehmer an den Erträgen und dem Vermögen der Wirtschaft zu. Die Bildung von Produktivvermögen in Arbeitnehmerhand ist Ausdruck der Sozialpartnerschaft und Voraussetzung für eine gerechte Einkommensverteilung. Investive Lohnvereinbarungen erschließen den Betrieben neue Kapitalquellen und verbessern die Voraussetzungen für mehr Flexibilität bei der Gestaltung der Arbeitsbeziehungen.


 

Reform des Arbeitsrechts

 

Strukturreformen im Arbeitsrecht sind notwendig, um neue Arbeitsplätze zu schaffen. Wir lassen uns dabei von dem Gedanken leiten, den Arbeitnehmern und ihren Familien Sicherheit und den Betrieben mehr Flexibilität zu geben, um Krisenzeiten überstehen zu können.
 
Deshalb werden wir für ein modernes Arbeitsrecht sorgen, das zu möglichst vielen Einstellungen führen und so neue Beschäftigungschancen eröffnen wird. Wir brauchen eine neue Balance zwischen Flexibilität und Sicherheit. Dazu gehört, dass wir eine flexiblere Personalpolitik durch verbesserte Rahmenbedingungen für Zeitarbeit und die vertragliche Befristung von Arbeitsverhältnissen ermöglichen. Den generellen Rechtsanspruch auf Teilzeit werden wir abschaffen und ihn auf Zeiten der Kindererziehung und Pflege begrenzen. Wir wollen vor allem älteren Arbeitslosen und Langzeitarbeitslosen die Möglichkeit eröffnen, sich bei Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages eine Abfindung zusichern zu lassen, wenn sie für den Fall einer künftigen Kündigung auf eine Kündigungsschutzklage verzichten. Wir treten dafür ein, das Kündigungsschutzrecht für Arbeitnehmer und Arbeitgeber transparenter zu machen; dazu gehört, dass eine mit dem Betriebsrat vereinbarte Sozialauswahl transparent ist.


 

Mitbestimmung modernisieren

 

Wir werden die Chancen der Mitbestimmung durch ein besseres und moderneres Betriebsverfassungsgesetz nutzen, von der Schröder-Regierung geschaffene Einstellungshindernisse beseitigen und die Vielfalt der Arbeitnehmer-Interessen wahren. Wir brauchen eine tarifrechtliche Flankierung zur Erweiterung des Spielraums für betriebliche Bündnisse für Arbeit. Neben Lohn und Arbeitszeit müssen auch die Beschäftigungsaussichten in den Günstigkeitsvergleich einbezogen werden. Den Tarifparteien muss zur Sicherung der Tarifautonomie jedoch ein begründetes Einspruchsrecht bleiben.
 
Wir werden die gerade für mittelständische Betriebe kostentreibenden Teile der Schröder-Reform des Betriebsverfassungsgesetzes zurücknehmen. Dabei werden wir auch die Größe der Betriebsräte und die herabgesetzten Schwellenwerte für freigestellte Betriebsräte für künftige Wahlperioden überprüfen. Im Betrieb der Zukunft sind Eigenständigkeit, selbständige Entscheidungskompetenz, Kreativität der Mitarbeiter und differenzierte Arbeitsmöglichkeiten gefordert. Beteiligung des Betriebsrates, kürzere und prozessbegleitende Mitbestimmungsverfahren sowie schnellere Rechtssicherheit gehören dazu. Entscheidend für die Erfolge der Betriebe und die beruflichen Perspektiven der Mitarbeiter sind auch deren berufliche Qualifikationen. Bei beruflichen Bildungsmaßnahmen und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf wollen wir deshalb die Partnerschaft unter Einbeziehung der Betriebsräte stärken.


 

Aktive Arbeitsmarktpolitik

 

Wir wollen in der Arbeitsmarktpolitik wieder zwei Grundsätzen Geltung verschaffen: Wer arbeitet, soll mehr in der Tasche haben als wenn er nicht arbeitet. Staat und Gesellschaft sollen die Empfänger von Sozialtransfers fördern und fordern - denn Rechte und Pflichten gehören zusammen. Deswegen werden wir einen Schwerpunkt darauf legen, arbeitsfähige Menschen wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Nur dann verdient die "aktive Arbeitsmarktpolitik" wirklich ihren Namen. Nur in Ausnahmefällen kann es darum gehen, Tätigkeiten auf dem zweiten Arbeitsmarkt, der in Wahrheit kein Arbeits-"Markt" ist, zu organisieren und subventionieren.
 
Dazu planen wir den Ausbau der individuellen Förderung in neuen Job-Centern. Mit Hilfe von Eingliederungsvereinbarungen werden die Arbeitssuchenden zum Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt begleitet. Gezielte Weiterbildungsangebote während der Zeit der Arbeitslosigkeit werden eine wichtige Rolle spielen. Fortbildungs- und Umschulungsangebote werden wir stärken und bedarfsorientiert neu ordnen.


 

Fördern und fordern

 

Weil wir die Arbeitssuchenden und Arbeitsfähigen intensiv fördern, darf die Allgemeinheit auch etwas von ihnen fordern. Wir halten es für zumutbar, dass der arbeitsfähige Empfänger von Sozialtransfers zuerst nachprüfbar zeigt, dass er sich wirklich ernsthaft um Arbeit bemüht hat. Für erwerbsfähige Arbeitslosen- und Sozialhilfebezieher werden wir die finanzielle Unterstützung an die Pflicht binden, an Weiterbildungsmaßnahmen teilzunehmen, sich auf andere Weise für eine Rückkehr in den Arbeitsmarkt zu qualifizieren oder gemeinnützige Arbeit zu leisten. Für Ausländer können Deutsch-Lehrgänge hinzutreten. Wir werden dafür Sorge tragen, dass Qualifizierungsmaßnahmen auch in ausreichendem Maße angeboten werden.
 
Ein wesentlicher konzeptioneller Schritt zu einer solchen neuen Kultur des Förderns und Forderns besteht in der Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Die bisherigen Verschiebeaktionen zwischen den Kommunen als Trägern der Sozialhilfe und den für die Arbeitslosenhilfe zuständigen Arbeitsämtern müssen vermieden werden. Deshalb sollen Arbeits- und Sozialämter in den neuen Job-Centern zusammenarbeiten, um eine flexible Förderung aus einer Hand zu ermöglichen. So können wir die Kompetenz der Kommunen auf den lokalen Arbeitsmärkten besser nutzen. Die Vermittlungstätigkeit der Arbeitsämter und der Sozialämter muss reformiert und an das neue Konzept angepasst werden. Die Bundesanstalt für Arbeit wird dezentralisiert und gestrafft, in den Arbeitsämtern die Kernaufgabe Arbeitsvermittlung gestärkt und auch durch mehr Wettbewerb mit privaten Anbietern die Vermittlungsleistung verbessert.
 
Die Förderung von Infrastrukturmaßnahmen aus Beitragsmitteln der Arbeitslosenversicherung ist ein Irrweg, den wir rückgängig machen werden. Wir schaffen mit unserer Politik zugleich Spielräume, um den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung zu senken, Arbeitskosten zu entlasten und das Entstehen neuer Arbeitsplätze zu erleichtern.



Links zum Thema
Ich will mehr über das Regierungsprogramm 2002/2006 wissen

mehr   




NEWSLETTER

Hier können Sie den wöchentlichen Newsletter abonnieren

jetzt bestellen